offtopic: autonomes Fahren und Assistenten .....
Habe mich grade fast vor Lachen beim Lesen des nachfolgenden Textes bepieselt:
Der VW T-Roc scheint seinen eigenen Kopf zu haben. Er bremst von allein und stellt beim Einparken die Musik leiser. Bei unserer Autorin, einer leidenschaftlichen Autofahrerin, löst das Unbehagen aus.
Es ist Zeit, sich Sorgen zu machen. Das denke ich, während ich in diesem Auto sitze, das mich beim Einsteigen mit "Willkommen bei T-Roc" begrüßt und damit schon offenbart: Es ist gar kein Auto mehr, sondern eine Maschine, die für mich mitdenken will.
Das Auto bedeutete dem Menschen Freiheit. Es erlaubte ihm, sich von seinen Beinen und den Beinen der Pferde zu emanzipieren. Das Auto war sein Exoskelett, sein Amp Suit. Dank der Maschine wurde der Mensch endlich so viel schneller, als es ihm die Natur erlaubte. Und nun heißt es: "Willkommen bei T-Roc."
T-Roc präsentiert sich mir wie ein Unternehmen, und ich bin als Fahrer nur sein Kunde. Er gibt vor, ein Geländewagen zu sein, wenigstens ein bisschen, mit Platz zwischen Straße und Karosserie. Der Abstand zum Asphalt beträgt 16 Zentimeter.
Aber wenn man es genau anschaut, ist T-Roc eigentlich nur ein aufgebockter Golf in Kurkumagelb. Außen chromgerahmt, innen tragen die Türen Leuchtstreifen,in den Kofferraum passen 427 Liter.
Dringend will der Wagen modern sein und nützlich aussehen, wie eine Funktionsjacke von Vetements. Und er hat seinen eigenen Kopf. Wenn ich parke oder rangiere, macht T-Roc die Musik leiser. Egal, wie laut ich vorher gesungen habe. Egal, ob ich gerade mein Lieblingslied gehört habe. Das Auto macht: Schschsch! Es bevormundet mich, weiß alles besser.
Eine rot umrandete "30" leuchtet zwischen den digitalen Messgerätanzeigenauf, als ich in einer Wohnstraße losfahre. Fährst du wohl langsamer?
Mach mich zu deinem!
T-Roc, das klingt nach T-Rex. Er ist einer der ersten Exemplare einer neuen Evolutionsstufe. Nicht nur bei VW, sondern überhaupt. Die Maschine ist nicht länger ein verbessertes Skelett, das uns gehorcht. Sie denkt für uns, sie verbietet uns. Und sie emuliert.
Ein SUV bin ich, sagt T-Roc. Sportfahrwerk? Kannst du dir einstellen. Aber fahr doch lieber Sprit sparend im Eco-Modus. Ich sage dir auch, wie viel wir verbrauchen. Ich gebe dir Tipps. Ich spare mit dir. Ich komme in so vielen Ausführungen. Du kannst mich gestalten. Mach mein Dach doch in einer anderen Farbe als den Rest. Mach mich zu deinem! Diese Illusion lasse ich dir.
Das ist alles wahnsinnig freundlich, aber es gibt eben auch die City-Notbremsfunktion. So nennt das moderne Auto den Umstand, dass das breite Bremspedal unter meinem Fuß wegzuckt und das Auto mit Gestotter bremst, während ich gerade meinen Spaß hatte, und das obwohl mein Bremsweg zu den vor der Ampel stehenden Fahrzeugen wirklich ausreichend war.
Ich weiß das, denn ich fahre seit Jahren, und ich fahre gerne schnell. Aber der junge T-Roc, der entscheidet anders für mich. Es fühlt sich seltsam an. Für einen Moment starre ich einfach nur über dem Lenkrad ins Nichts.
Das Pedal unter meinen Fuß kommt zurück. Aber das ist jetzt egal, es ist wahr, ich bin nichts mehr. Auch hinter dem Steuer habe ich nicht mehr das letzte Wort. Noch kann man die City-Notbremsfunktion ausschalten. Aber wie viele Autos wird es noch dauern, bis das nicht mehr geht?
Bald, denke ich, können wir uns in Autos nicht mehr umbringen, nicht mehr ungebremst von einer Klippe stürzen. Die Autos werden das verhindern. Die Autoren von Actionfilmen müssen umdenken. Der Mensch wird nicht mehr mit einem Auto gewalttätig, das Auto wendet sich gegen ihn. Es wird unsere Absichten erahnen, denn es verbindet sich mit unserem digitalen Organ.
Fahre ich eigentlich wirklich?
Schon beim Einsteigen sucht T-Roc mein Handy, immer und automatisch. Was, wenn er eines Tages findet, dass darauf zu viel melancholische Musik ist? Was, wenn er meine letzten Nachrichten liest? Was, wenn er feststellt, dass ich zu häufig von Waffen-Emojis Gebrauch mache? Wir fahren heute mal nicht, wird er dann vielleicht sagen. Küsschen, Ihr T-Roc.
Ich gebe ihm mein Handy nicht. Ich schalte WLAN und Bluethooth aus und werfe das Handy in das Fach unter das Display der Mittelkonsole. Das Display hat einen Annäherungssensor, wenn man den Finger darauf zubewegt, etwa um einen Radiosender einzustellen, scheint es dem Finger entgegenzukommen.
Das Display sagt: Mein Handy wird nun geladen. Per Induktion unten unter der Konsole. Klar, das Unternehmen T-Roc hat Interesse daran, dass mein Handy immer geladen ist. Es ist unsere Kontaktstelle, die Nabelschnur. Ohne mein Handy erkennt mich das Unternehmen nicht.
Ich nehme es ganz weg, in den Schoß, und das beim Fahren. Ich bin ein Rebell. Das Handy kann so nicht mehr geladen werden, sagt das Display. Ach, seufze ich, und es ist ein sehr lautes Ach. Ich wende an einer Stelle, an der ich eigentlich nicht wenden darf. Mit dieser butterweichen Lenkung kann man das Auto fast auf der Stelle drehen. Da ist kein Widerstand.
Es fährt sich wie Spielzeug. Fahre ich eigentlich wirklich? Oder ist das auch nur eine Emulation? Ich fahre zu schnell in eine enge Parklücke. Das Auto klingelt, bimmelt, blinkt, entdeckt Fußgänger hinter mir, Autos neben mir, teilt mir das alles mit. Aber ich stehe. Ich drehe den Schlüssel um.
Aus. Denke ich.
Warum machst du das nicht selbst?
Beim Parken den Schaltknüppel in Position P wie Parken stellen, sagt das Display jetzt und piept, wie ein Lehrer mit Trillerpfeife.
P wie Parken.
P wie Parken.
Piep. Piep. Piep.
Warum machst du das nicht selbst, hm, frage ich das Display. Kannst du das etwa nicht? Hast du Angst, den Berg runterzurollen, wenn dich jemand schubst? Soll ich dich schubsen?
T-Roc antwortet nicht, T-Roc piepst nur.
Ich bringe den Schaltknüppel in Position P, weil ich das Piepsen nicht mag.
Ich steige aus.
Ich schubse das Auto.
Aber es bleibt stehen.
Ich gehe zu Fuß.
Es ist Zeit, sich Sorgen zu machen.
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